Wie ein Virus die Digi­ta­li­sie­rung an Schu­len vorantreibt

Jul 2020

Unter­richt in Zei­ten von Corona

… des­we­gen haben das Kabi­nett und der Minis­ter­rat heu­te die Ent­schei­dung getrof­fen, ab kom­men­den Diens­tag bis zum Ende der Oster­fe­ri­en alle Schu­len und Kin­der­ta­ges­stät­ten im Land zu schließen.

Minis­ter­prä­si­dent Win­fried Kret­sch­mann, 13. März 2020, 14:11 Uhr


Schul­schlie­ßun­gen auch nur ein­zel­ner Schu­len gehör­ten bis zu jenem Frei­tag zu den Maß­nah­men, die durch die Kul­tus­ver­wal­tung nur im aller­äu­ßers­ten Not­fall ergrif­fen wur­den. Und nun soll­ten plötz­lich alle Schu­len des Lan­des über meh­re­re Wochen geschlos­sen wer­den – unge­heu­er­lich! Doch der Rei­he nach:

13.03.2020, 14:11 Uhr – der Paukenschlag


Zu Beginn der Faschings­fe­ri­en kam es zu ers­ten Rei­se­war­nun­gen des Aus­wär­ti­gen Amts für die Lom­bar­dei, dann für ganz Ita­li­en, gefolgt von Frank­reich und der Schweiz, bis schließ­lich Anfang März die meis­ten Gren­zen zwi­schen Deutsch­land und den Nach­bar­staa­ten geschlos­sen wur­den. Von die­sem Zeit­punkt an war es kein gro­ßer Schritt mehr zu einer Schlie­ßung aller öffent­li­chen Schu­len, die dann am 16.03.2020 erfolg­te. Allen Betei­lig­ten war klar, dass die­se Maß­nah­me dra­ma­ti­sche Aus­wir­kun­gen auf unse­re Schü­le­rin­nen und Schü­ler haben wür­de. Wie den Kon­takt auf­recht­erhal­ten? Wie die­se mit Unter­richt ver­sor­gen? Der viel­fäl­ti­gen und ideen­rei­chen Initia­ti­ve vie­ler war es schließ­lich zu ver­dan­ken, dass in Rekord­zeit ein Kom­mu­ni­ka­ti­ons­sys­tem auf­ge­baut wer­den konn­te, das den Leh­re­rin­nen und Leh­rern die Mög­lich­keit bot, mit ihren Schü­lern auf elek­tro­ni­schem Wege in Kon­takt zu treten.

In die­sem Zusam­men­hang gilt mein Dank zunächst den Schul­se­kre­tä­rin­nen, der Arbeits­grup­pe Digi­ta­li­sie­rung sowie den Kol­le­gen der Netz­werk- und Mul­ti­me­dia­be­treu­ung. Die­se haben die tech­ni­schen Grund­la­gen gelegt. Dank gebührt eben­so den Mit­glie­dern des Per­so­nal­rats, die dazu bei­tru­gen, die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit den Leh­re­rin­nen und Leh­rern auf­recht­zu­er­hal­ten und die dar­über hin­aus aktiv bei der Wie­der­eröff­nung der Schu­le am 4. Mai 2020 mit­wirk­ten. Mein wei­te­rer Dank gebührt den Abtei­lungs­lei­tun­gen für die pro­fes­sio­nel­le Unter­stüt­zung bei all­ge­mei­nen schul­or­ga­ni­sa­to­ri­schen Fra­gen sowie für ihren Bei­trag bei der Orga­ni­sa­ti­on der Fern­lern­an­ge­bo­te. Nicht zuletzt dan­ke ich allen Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen, die durch viel­fäl­ti­ge Ideen Unter­richts­an­ge­bo­te bereit­stell­ten. Unse­re ganz beson­de­re Aner­ken­nung ver­die­nen jedoch all jene Schü­le­rin­nen und Schü­ler, die in hoher Eigen­ver­ant­wor­tung die elek­tro­ni­schen Unter­richts­an­ge­bo­te wahrnahmen.



Wel­che Leh­ren zie­hen wir daraus?


Die Coro­na-Pan­de­mie bedeu­tet bis heu­te in vie­len Berei­chen des täg­li­chen Lebens tie­fe Ein­grif­fe in Frei­hei­ten und Lebens­ge­wohn­hei­ten. Die ver­häng­ten Kon­takt­sper­ren, leer­ge­räum­te Super­märk­te nach Panik­käu­fen, Ver­schwö­rungs­theo­rien, Rei­se­ver­bo­te und vie­les ande­re mehr gaben uns eine Vor­stel­lung davon, wie ein bis dahin geord­ne­tes fried­li­ches Zusam­men­le­ben plötz­lich und ohne Vor­ankün­di­gung der Panik und der Anar­chie wei­chen kann. Noch sind die Schä­den, die die Pan­de­mie ange­rich­tet hat, nur ansatz­wei­se sicht­bar. Wir wer­den uns aber ver­mut­lich auf nicht weni­ge Betriebs­schlie­ßun­gen, eine Zunah­me der Arbeits­lo­sig­keit und damit ein­her­ge­hend einen schwie­ri­ge­ren Aus­bil­dungs- bzw. Arbeits­markt für die jun­ge Gene­ra­ti­on ein­stel­len müs­sen. Die ganz gro­ße Kata­stro­phe scheint jedoch aus­ge­blie­ben zu sein. Wir sind wohl mit einem blau­en Auge davon­ge­kom­men. Ein „Wei­ter so!“ darf es den­noch nicht geben – es ist an der Zeit, die rich­ti­gen Schlüs­se zu zie­hen! Die Kri­se hat gezeigt, dass in Aus­nah­me­si­tua­tio­nen ein Sys­tem für Nicht-Prä­senz­un­ter­richt uner­läss­lich ist. Dies kann im erfor­der­li­chen Stan­dard ein­zig die Aus­stat­tung der Schu­len mit Digi­tal­tech­nik leis­ten. Dazu gehö­ren Gerä­te in Schü­ler­hand, Gerä­te in Leh­rer­hand, eine pro­fes­sio­nel­le Netz­werk­um­ge­bung an Schu­len und schließ­lich eine Betreu­ung der Gesamt­an­la­ge durch Fach­leu­te. Wir müs­sen uns von der Vor­stel­lung ver­ab­schie­den, die Digi­ta­li­sie­rung von Schu­len stel­le ein visio­nä­res Zukunfts­pro­jekt dar. Die Digi­ta­li­sie­rung hat alle ande­ren Berei­che des öffent­li­chen Lebens längst erreicht. Und die Auf­ga­be von Lehr­kräf­ten soll­te ein­zig dar­in bestehen, päd­ago­gi­sche Kon­zep­te zu ent­wi­ckeln, die die neu­en Mög­lich­kei­ten der digi­ta­len Tech­nik in einer ange­mes­se­nen Form in den Unter­richt ein­flie­ßen las­sen. Dies ist kom­pli­ziert genug. In Zei­ten von Umbrü­chen ste­hen Men­schen bereit, die die­sen tat­kräf­tig und ideen­reich begeg­nen. Das haben die Ereig­nis­se der letz­ten Mona­te in ein­drucks­vol­ler Art gezeigt.

Eine wei­te­re Erkennt­nis der ver­gan­ge­nen Mona­te ist, dass Tech­nik den direk­ten Kon­takt zwi­schen Men­schen nicht erset­zen kann. Und so wird Unter­richt auch nach der Pan­de­mie wei­ter­hin an den hier­für am bes­ten geeig­ne­ten Orten statt­fin­den: an unse­ren Schulen.

Joa­chim Spatz