Blind durch das Leben
Auf Einladung von Frau Busath, Religionslehrerin an der Carl-Hofer-Schule, hielt Gabriele Becker, die aufgrund einer Erkrankung seit dem zwanzigsten Lebensjahr erblindet ist, einen Vortrag in der Landschaftsgärtnerklasse L2GL2T. Bei dem Vortrag gab sie den Schülern Einblick in das Leben eines Blinden. Sie kam in Begleitung des Fotografen Matthias Trenn, der eine Fotoreihe über sie erstellt.
Frau Becker berichtete sowohl von ihrem Leben vor der Erkrankung als auch von ihrem Leben danach: Sie machte eine Lehre als Erzieherin, heiratete und hat eine Tochter. Nachdem sie mit Mitte 20 eine plötzliche Netzhauterkrankung bekommen hatte, wurde sie von ihrem damaligen Mann verlassen. Zu diesem Zeitpunkt besaß sie noch 20 % ihrer Sehkraft, die ihr beispielsweise das Lesen innerhalb eines Raumes ermöglichte. Davon kann sie jetzt nur noch träumen, denn nun kann sie nur noch 1 % sehen. Dadurch kann sie nur noch selten Lichtverhältnisse wahrnehmen. So war es, laut ihrer Aussage, auch im Klassenraum der Fall.
Sie ist seit Langem ehrenamtlich tätig: Im Jahre 2005 hat sie eine Selbsthilfegruppe für Blinde gegründet, die jetzt schon über 40 Mitglieder hat. Dabei unterstützt sie vor allem, wie sie berichtete, neu Erkrankte. Nebenbei bietet sie Schulungen für Mitglieder des Deutschen Roten Kreuzes an, um diese genauer zu unterrichten, wie man Blinde unterstützen kann.
Überwiegend stellte sie in ihrem Vortrag den Schülern der Gärtnerklasse die Situation eines Blinden in der heutigen Gesellschaft dar. Sie erklärte, dass 80 % der Sinneseindrücke durch das Sehorgan erfasst werden. Somit fehlen also bei Frau Becker 79 %. Darum muss sie sich außerhalb des Hauses mit einem Blindenstock orientieren. Sie erzählte, dass dafür ein Orientierungstraining vonnöten gewesen sei. Alle alltäglichen Handgriffe musste sie von Grund auf neu lernen.
Da die Schulklasse mit ihrer Religionslehrerin das Thema „Träume“ behandelte, hatten sie die Aufgabe, Frau Becker zu fragen, wie Blinde träumen würden. Als Antwort gab sie bekannt, dass dies davon abhängig sei, ob der/die Blinde von Geburt auf oder erst später erblindet ist. Während Blinde, die schon einmal sehen konnten, es auf dieselbe Weise wie jeder Durchschnittliche tun, träumen von Geburt an Erblindete nur von Gefühlen und Begegnungen mit Menschen.
Zusätzlich sollten die Schüler Frau Becker zu ihrem aktuellen Projekt Fragen stellen. Bei diesem Projekt handelt es sich um eine Neugestaltung des Vorgartens vor dem Altersheim in Rheinstetten. Für die Gestaltung des Vorgartens übernehmen die Schüler Planung und Umsetzung in Begleitung der Lehrer selbst in die Hand. Frau Becker war bereit, den Schülern Tipps zu geben, wie der Garten am besten für die unter Sehschwäche leidenden Patienten gestaltet werden müsse. Wichtig wäre dabei darauf zu achten, dass die Insassen sich gut orientieren können. Duftende und farbintensive Blumen, sowie ebene Wege mit einer Kante zum Rasen sollten dies gewährleisten. Natürlich sollten die Pflanzen keine giftigen Bestandteile vorweisen, denn für Blinde sei es wichtig zu tasten, zu fühlen und zu riechen.
Der Vortrag war sehr bewegend und hat die Schüler der Klasse L2GL2T zum Nachdenken gebracht.
Micha Burger L2GL2