Geschichten, die es nie gab
Seine Werke konnten wir nicht versichern. Zu teuer wäre es geworden, und die Kassen sind dem Vernehmen nach leer!
Der Künstler selbst hat aus ideellen Gründen keine Kosten und Mühen gescheut, uns zu zeigen, was in der nördlichsten Millionenstadt der Welt so angesagt ist!
Klein mussten wir es halten auch mit der Werbung.
Freunde, ihr versteht, wir pflegen ein offenes Haus. Jeder darf rein, jeder kann schauen und staunen. Nichts wird überwacht, weder mit Personal noch mit Kameras. Ihr wisst, was ich damit sagen und vermeiden will!
Ein Erfolg war´s trotzdem.
Sogar der Veteran vom badischen Künstlerbund, der schon lange vor der Wende die Genossen in Aserbaidschan besuchte, war auf der Vernissage. Und der ehemalige Kollege und Abteilungsleiter, der einen Teil seiner besten Jahre in einem sibirischen Bergwerk verbringen musste, in den schlimmsten Jahren unserer Nation.
Auch diese beiden waren voll des Lobes über das Werk und haben auf Russisch mit dem Künstler parliert. Bei einem Gläschen von der Krim, etwas Quas und russischem Gebäck, das der Förderverein unserer Schule spendierte.
Anfragen, wie man eines der Schmuckstücke fürs Eigenheim erwerben könnte, gab es mehrere. Über dem Schreibtisch, im Schlafzimmer oder dem Kamin kann man es sich durchaus vorstellen. Und repräsentativ wäre es allemal. Den Sammlerwert nicht zu vergessen, schließlich ist der junge Russe beileibe nicht schlechter als die alten! Mehr Biss in Pinselführung und Farbgebung hat er!
Letztendlich aber spielt das liebe Geld entlang des Schwabenländles eine Rolle!
Zwar muss der Rubel rollen, aber nicht jeder bei uns hat die Mittel wie die prominenten St. Petersburger Putin und Medwedjew. Leinwand und Farbe verschlingen Rubelchen, von der vielen Arbeit am Werke ganz zu schweigen und dann noch die entsprechend aufwändige exklusive Rahmung. Da ist es verständlich, dass der Künstler nicht zu jedem Preis verkauft. Hauptsächlich machte er die Ausstellung nur, um uns zu zeigen, was künstlerisch so läuft am hintersten Zipfel der Ostsee, im Kühlschrank Europas!
Alexey Anatoljewitsch Pazgalev, 1974 in Leningrad geboren, ist Absolvent der Muchina Akademie für Design und Bildende Kunst und heute Leiter der Fachabteilung Design an unserer Partnerschule, der Rerich Kunstschule, St. Petersburg. Neben seiner Lehrtätigkeit arbeitet er freiberuflich in den Bereichen Architektur, Ausstellungsdesign, Grafik und Malerei.
Alexey Anatoljewitsch Pazgalev ist Mitglied des Sankt Petersburger Künstlerbundes, hat an zahlreichen nationalen Ausstellungen teilgenommen und stellte seine Werke in unserer Schule zum ersten Mal außerhalb Russlands aus.
Er widmete diese Ausstellung der russischen Folklore und dem russischen Dorf, das für ihn den nunmehr schwindenden Teil des russischen Lebens darstellt.
Alexey ist über 20 Jahre jünger als ich, aber seine Werke erzählen Geschichten, die auch mich in meinem Kindes- und frühen Jugendalter bei den Großeltern auf dem Lande beschäftigten. Vordergründig gesehen gibt es keinen Unterschied zwischen Alexeys russischer, meiner alten nassauischen und meiner neuen, badischen Heimat.
Schwer fällt es, Freunde, zu begreifen, warum und wofür unsere Vorfahren Krieg und Elend über die Menschheit brachten!
Wir müssen uns näher kommen, um uns zu verstehen. Freund und Kollege Alexey hat im Rahmen unseres Austauschprogramms seinen Teil dazu beigetragen.
Die Carl-Hofer-Schule führt seit 5 Jahren einen Trinationalen Austausch mit der Rerich Kunstfachschule St. Petersburg und der Gobelins, École de L´Image Paris durch. Der jährliche Workshop mit über 60 Schülern der drei Nationen wird vom Deutsch-Französischen Jugendwerk ideell und finanziell gefördert!
Bc